Slow Flowers

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Seit 1992 bauen Christoph und Ulrike auf einem 6000 m² großen Gelände in Kloster Zinna / Fläming Schnittblumen und Topfpflanzen an. Zur Zeit werden hier etwa 150 Sorten Schnittblumen und 100 Sorten Topfpflanzen und Kräuter kontrolliert biologisch erzeugt. Der Blumenstand ist immer freitags und samstags auf unserem Wochenmarkt.

Christoph, wie steht es um die regionale Blumenszene?
Die direktvermarktende Gärtnerei mit Floristen Betrieb vorne dran, die in den 60er Jahren Normalität waren, gibt es so (fast) nicht mehr. Berlin-Brandenburg ist auch historisch keine Gartenbau-Region und das hat auch gute Gründe: Sowohl der Boden, als auch das Klima ist dafür denkbar schlecht geeignet. Allerdings entstehen zur Zeit immer mehr Projekte, auch inspiriert durch die Slowflower Bewegung.

“Die Slowflower-Bewegung setzt sich für Transparenz und Vertrauen im nachhaltigen Schnittblumenanbau ein. Für Regionalität, Saisonalität und Nachhaltigkeit. Für Schnittblumen aus der Region frei von Pestiziden und Giften.”

Hast du da ein paar Berliner Beispiele?
Wir haben bereits 1993 mit unserer Bio-Gärtnerei gestartet, Conny gab es bis letztes Jahr, seit Neuestem gibt es die Mayda Blumenfarm in Pankow, in Gerswalde gibt es das Ackerblüten Projekt und auch Marsano hat einen eigenen Blumengarten.

Wie kamt ihr damals auf die Idee euren Blumenstand und eine eigene Bio-Gärtnerei zu starten?
Wir sind damals viel unterwegs gewesen und waren sehr inspiriert von der Natur: wir haben so viel Schönes wachsen sehen, so viele heimische Blumensorten, die man aus einem Standard-Blumenladen gar nicht kannte. Und dann haben wir uns ein Stück Land gesucht und ausprobiert.

Hast du das Gefühl, dass es vermehrt ein Interesse gibt an regionalen Blumen?
Auch wenn mir die Slowflower Bewegung teilweise zu ideologisch ist, finde ich es sehr sympathisch und schön zu sehen, dass sich immer mehr Menschen zu dem Thema engagieren. Durch die Transparenz und auch viele Kommunikation über Social Media wird auch mehr Verständnis für den Wert und Preis von Blumen geschaffen.
Wir verkaufen jetzt unsere ersten Jungpflanzen und Zweige, die eigentlich Blumen-Saison geht bei uns von Mai bis November. In der Saison sind Blumen natürlich günstiger, im Winter müssen wir viel zukaufen. Und genau wie bei Lebensmitteln stecken auch hinter Blumen eine Landwirtschaft, viel (Hand-)Arbeit und unglaublich hohe Transportkosten. Lilien kann ich nicht wie Linda-Kartoffeln transportieren. Bei ALDI kosten zehn Narzissen 0,49-1,50€. Wie soll man da mithalten? Wenn ich für zehn Stück für 5€ verkaufe, komme ich gerade mal auf meine Kosten.

Wie stehst du denn zum internationalen Handel von Blumen?
Schwierig. Die Arbeitsbedingungen für viele der Menschen, die im globalen Süden in Blumenplantagen arbeiten sind furchtbar und zudem ist die CO2 Bilanz solcher Blumen unglaublich schlecht. Aber ich denke, wir sollten deswegen diesen Blumenanbau nicht generell abschaffen, sondern den internationalen Blumenhandel (sozial) nachhaltiger gestalten und die Lieferketten-Gesetze verbessern.
Den europäischen Blumenhandel sehe ich nicht so kritisch. Ein Beispiel: Es gibt eine wahnsinnig lange Tradition Ranunkeln, Anemonen und Mohn aus Italien zu importieren. Da gibt es unglaublich schöne Anbaugebiete mit weit über 100 Jahre alten Gärtnereien. Gerade in Slow Food Kreisen kommt bei Olivenöl oder einer guten Salami keiner auf die Idee, diese Produkte zu verachten, nur weil sie aus Italien kommen – bei Blumen teilweise schon. Das ist mir dann etwas zu rigoros. Aber die wichtigere Frage ist: wie viel können wir uns ökologisch leisten? Können wir uns überhaupt noch Schnittblumen leisten? Sollten wir auch im Winter Blumen kaufen?

Wie erging es euch im letzten Jahr?

Krisenzeiten sind grundsätzlich gute Zeiten für Floristen – viele Menschen orientieren sich dann eher Richtung zuhause und möchten es sich schön machen. Das haben wir auch durchaus gespürt: Wir hatten einige Boom-Zeiten zwischendurch, wenn wir denn mal verkaufen durften. Denn die Leute konnten nicht in den Urlaub, ins Museum oder ins Restaurant und geben das Geld dann für schöne Blumen aus.
Andererseits haben wir gerade drei Monate Berufsverbot hinter uns, das war schon hart. Diese Planungsunsicherheit und immer wieder ändernden Regelungen sind zermürbend – auch was die Personalplanung angeht.
Für uns als Gärtnerei war es sehr wichtig, dass wir zum Beispiel auch Jung- /Topfpflanzen an die Bio Company in Berlin verkaufen. Das hat uns etwas Stabilität und einen sicheren Absatzmarkt gegeben.

Merkt man die Krise auch am Großmarkt?

Ja, durchaus. Seit Herbst ist eine Hochpreis-Phase, das hatten wir so noch nie. Das hat verschiedenste Gründe: Etliche Gärtnereien sind pleite gegangen, Transporte sind weiterhin nicht aus allen Ländern ohne Weiteres mögliches und es wird viel weniger produziert, da letztes Jahr unglaublich viel weggeschmissen werden musste – Blumen sind immerhin verderbliche Ware!