Im grünen Bereich

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Pteridophilia also, die Liebe zu den Gefäßsporenpflanzen. Und das ist im Falle der gleichnamigen Videoarbeit des chinesischen Künstlers Zheng Bo nicht einmal platonisch gemeint. Mein Schwarm, der Farn, ein junger Mann gibt sich dem Grünen hin. „Warum“, so der Künstler, „finden wir es vollkommen normal Pflanzen zu essen, aber nicht normal, Sex mit Pflanzen zu haben?“ Zheng Bo hat ein gutes Dutzend Farne mit nach Berlin gebracht, die Austellungsbesucher*innen sollen von ihnen naschen, wohl eher aber keinen Sex mit ihnen haben.
Ohnehin ist der Garten ja seit jeher ein Ort der Lüste. Immerhin haben die Menschen laut der Meinung gleich dreier Weltreligionen in einem Garten ihre Unschuld verloren: Der Garten der irdischen Lüste, auch ein Folgewerk von Hieronymus Boschs Triptichon aus dem späten 15. Jahrhundert hängt im Martin-Gropius-Bau. Und verstört in seinen detailverliebten Phantasmen mindestens so sehr wie Zheng Bos pflanzliches Begehren. Und Pipilotti Rist? Die Schweizer Aktionskünstlerin legt keinen Adam, dafür aber zwei Evas (Foto) in ihr grasgrünes Paradies.
Sind wir nun also allzu prüde, die wir beim Garten vor allem ans Gärtnern denken, an Permakulturen und Pflaumenbäume? Die südafrikanische Künstlerin Lungiswa Gqunta hat im Martin-Gropius-Bau einen Rasen aus zerbrochenen Colaflaschen gepflanzt – noch immer sind in die Mauern südafrikanischer Parkanlagen Glasscherben eingelassen, um jene draußen zu halten, für die der Garten eben nicht vorgesehen ist. Von der Kolonialisierung zur Gentrifizierung, in solchen Momenten findet diese etwas andere Gartenschau auch zu einer gesellschaftspolitischen Kraft.
Der Garten der irdischen Freuden ist eine lustvolle, clevere, an Zitaten reiche und vor Sinneseindrücken strotzende Ausstellung. Kurzum: ein großer Spaß. Zu sehen bis zum 1. Dezember im Martin-Gropius-Bau Berlin.