Leonie und ihre Biokelterei

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Schon in ihrer Kindheit hat Leonie den Herbst unter Obstbäumen verbracht und deren Früchte verarbeitet – bei ihrer Großmutter in Mittelfranken. Dass sie sich quasi direkt nach dem Studium mit Brandenburger Apfelbäumen selbstständig macht, hat sie sich wohl weder damals noch vor ein paar Jahren erträumt. Doch hier stehen wir: Im idyllischen Garzau-Garzin inmitten sanfter Hügel und wilder Apfelbäume, zu Gast bei der Biokelterei Bergschäferei, die sie in diesem Frühjahr übernommen hat.

Leonie, wie bist du zum Apfel gekommen? Und vor allem: zum Saft?

Leonie: Ich habe Agrarwissenschaftsstudiums studiert, aber schnell gemerkt, dass ich weder Lust auf Forschung, Viehhaltung noch Ackerbau habe. Während eines Praktikums auf dem Hof Apfeltraum bin ich dann bei den Äpfeln gelandet. Auf ihrer schönen Streuobstwiese habe ich mich das erste Mal mit Apfelsorten auseinandergesetzt und ab da jedes mögliche Wahlfach zu Obstbau belegt!

Vor circa 1,5 Jahren bin ich dann eher zufällig hier zur Bergschäferei gekommen – der Vorbesitzer suchte eine Obstbäuerin und eine Nachfolge für die Kelterei. Eigentlich war mein Ziel nach dem Studium Apfelbäume zu schneiden und mit Streuobst zu arbeiten, doch dann kam ich hier auf den Hof und habe gemerkt, wie viel Spaß mir die Saftproduktion macht – und dann kam das eine zum anderen: seit Mai leite ich jetzt hier die Kelterei.

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Was für Apfelbäume und -sorten hast du hier?

Leonie: Diese besondere Apfelanlage wurde in den 50er Jahren von der Obstbauversuchsstation Müncheberg als Sortenversuch angelegt. Damals wurden hier circa 2000 Bäume und 130 verschiedene Sorten gepflanzt! Es ging darum zu erforschen, welche Sorten gut zu dieser Region und dem Standort passten. Dass ein Großteil der Bäume knapp 70 Jahre später immer noch steht und Früchte trägt war nicht geplant, eigentlich sind sie dafür angelegt 30 Jahre alt zu werden. Mittlerweile sind vielleicht nur noch 100 Apfelsorten übrig plus einige Wildobstsorten wie Eberesche und Speierling, aber es ist definitiv eine wahre Sortenvielfalt, die hier rumsteht.

Welchen Einfluss hat der Klimawandel auf deine Apfelbäume?

Leonie: Das ändernde Klima hat einen großen Einfluss auf die Bäume. Viele kommen nicht mit der Hitze und Dürre klar und sterben hier im größeren Stil ab. Dieses Jahr sind zum Beispiel auch aufgrund der Trockenheit viele Äpfel zu früh gefallen bevor sie reif waren. Zum Teil ersetzen wir diese Bäume mit trockenheitsresistenteren Apfelsorten, aber auch mit anderen Fruchtbäume wie Birnen und Wildkirschen, die wir für die Saftproduktion benötigen und die mit dem Klima deutlich besser umgehen können.

Allerdings ist dies hier auch keine typische weit gepflanzte Streuobstwiese, sondern eng aneinander stehende Bäume – insofern ist es auch gar nicht schlecht, dass der Bestand gelockert wird und die Bäume mehr Platz haben und ihre Krone sich voll entfalten kann.

Wie viel Pflege braucht ein Apfelbaum?

Viel! Im Winter und Frühjahr konzentriere ich mich intensiv auf die Baumpflege. Diese Bäume hier sind quasi alles alte Damen und Herren im Greisenalter. Normalerweise hätte man sie bereits vor Jahren gerodet. Die Spätfröste, aber auch Misteln, die an vielen Bäumen schon überhand genommen haben, sind schwer in den Griff zu bekommen. Aber das ist auch Pflegerückstand, wir wollen viel schneiden im nächsten Jahr. Ich habe dafür auch extra eine Ausbildung zum Baumwart gemacht an der Obstbaumschnittschule.

Was fasziniert dich an Obstbäumen?

Zum Einen: Ich liebe Obst!
Und in extensiver Landwirtschaft schaffen Obstbäume eine wunderbare Landschaft, gerade hochstämmiges Obst, das finde ich sehr attraktiv. In industriellen Plantagen sieht das anders aus – dort wird mit viel Technik gearbeitet und die Bäume werden für die leichtere Ernte eng und klein gehalten.

Und die Form von Agroforst, die hier betrieben wird, hat mich sehr fasziniert. Eigentlich steht Agroforst für eine Kombination von Ackerbau und Forst; die Mischung von Obstbau und Weidehaltung ist allerdings auch eine Version des Agroforsts. Dafür weiden hier Mutterkühe von einem benachbarten Hof in der Apfelanlage – die Bäume spenden den Kühen im Sommer Schatten und wir müssen weniger mähen! Das ist nur eine von den Kooperationen, die wir hier mit anderen Landwirt*innen haben – unser Trester geht zum Beispiel an den Schafhof neben uns.

Was verarbeitet ihr in der Kelterei?

Die Kelterei wurde 2003 von meinem Vorgänger Michael gegründet und verarbeitet unser hofeigenes Obst, sowie zugekauftes Bioobst. In unserer Anlage haben wir unsere 130 Sorten Äpfel, sowie Quitten, Birnen und einige spannende robuste Wildfrüchte, die Michael auf dem Hof angebaut hat, wie Mispel, Speierling und Eberesche – die geben ein unglaublich spannendes Aroma!

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Was macht einen guten Apfelsaft aus?

Grundsätzlich kann man sagen: die Mischung macht's beim Apfelsaft! Ein Saft aus verschiedenen Apfelsorten schmeckt am besten, diese Vielfalt an feinen Fruchtsäuren macht einen hoch aromatischen Saft. Aber es gibt auch Sorten, die als einzelne Sorte großartig schmecken. Und da können wir uns glücklich schätzen, dass wir davon einige Bäume hier wachsen haben. Wir haben dieses Jahr erstmalig einige sortenreine Apfelsäfte produziert: Carola, Auralia und Colina. Das sind allesamt Sorten, die hier um die Ecke in Müncheberg gezüchtet wurden!
Und wir experimentieren auch viel und machen Mischsäfte, zum Beispiel mit unseren Wildfrüchten, die zum Teil nussige oder herbe Töne hinzufügen: aber auch mit Rote Beete, Quitte, Birne oder auch Apfel mit Minze.

Welche ist deine diesjährige Lieblingssorte?
Unsere diesjährige Streuobstmischung "Das Rote Luch" ist wirklich fantastisch geworden.

Die Biokelterei und ihre Apfelsortenvielfalt ist immer samstags von 10-18 Uhr auf unserem Wochenmarkt.