From Farm (to Boat) to Table

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Im offenen Boot geht es auf die Insel. An Bord ein Journalist, ein Gastwirt, ein Bauer und ein Kapitän, dazu rote Kisten voll Rinderpaté und Rindsbrühwürsten, Roter Grütze und regionalem Jogurt. Der Bauer heißt Mathias Schilling. Der Landwirt und der Kapitän auch. Denn wer hier oben auf der womöglich schönsten Ostseeinsel in einer doch auch traditionssatten Sommerfrischewelt frische Ideen säen möchte, dem bleibt nichts anderes übrig als viele Talente zu haben.
Angefangen hatte alles mit der Öhe, einem Gutshof, gleich vis-á-vis des Fährhafens von Schaprode, der zugleich eine eigene Insel ist. Mit Mitte 20 hatte Mathias Schilling die Insel Öhe übernommen, auf der seine Familie (der Vater war allerdings in den Siebzigern mit dem Faltboot in den Westen nach Schlewesig-Holstein geflohen, wo Mathias Schilling auch aufgewachsen ist). Hat auf den aromareichen Salzwiesen Rinder und Schafe gehalten und ganze Tiere an einen Gastro-Großhändler verkauft. Das Geschäft wurde zunehmend mühsam, Qualität und Handwerk immer weniger wertgeschätzt. So fasste Mathias Schilling diesen Entschluss: Er würde künftig From-Farm-to-Table arbeiten und seine Tiere in eigenen gastronomischen Betrieben verarbeiten, neben Schillings Gasthof in Schaprode noch das Hafenamt und den Hafenkater, beide auf Hiddensee.
Speisekarten auf Kreidetafeln und Fischplatten zum tischweisen teilen: Hafenamt und Haferkater wissen dabei durchaus um die Moden einer urbanen Gastlichkeit. Wo aber die Berliner Läden die guten, handwerklichen Produkte mühsam suchen müssen, finden sie Mathias Schilling direkt vor der Tür. Neu ist etwa die Zusammenarbeit mit den Hiddenseer Kutterfischern, die – nach französischem Vorbild – den Dosenfisch zu einer regionalen Delikatesse machen wollen. Und auch die Burger und die Bolognese sind nicht nur universelle Leibgerichte. Sie dienen der nachhaltigen Idee, wirklich alles vom Tier verarbeiten zu können (weshalb auch das Wiener Schnitzel in Schillings Gasthof nicht vom Kalb kommt, sondern von der trockengereiften, so aromatischen wie zarten Rinderoberschale).

Apropos Hiddensee, unsere fünf herzlichsten Reiseempfehlungen:

  • Lutz Seilers Kruso als Urlaubslektüre einpacken. Die Erzählung aus der erodierenden Spät-DDR spielt auf Hiddensee, vor allem in der Auflugslokalität Zum Klausner im steilküstenschönen Norden der Insel
  • den Trampelpfad durch die wilden Johannisbeerhecken zum Enddorn finden, der einsamste unter den schönsten Stränden der Insel
  • Laufschuhe mitnehmen, eine Insel ganz ohne Autoverkehr ist tatsächlich so entschleunigt, dass man Lust auf Beschleunigung bekommt
  • das Ein-Mann-Figurentheater Robinson Crusoe in der Seebühne, dem „maritimen Kammertheater" besuchen, die perfekte Geschichte für eine Insel
  • auf das alte rote Haus gleich neben der Seebühne achten, Mathias Schilling wird dort noch in diesem Sommer eine (etwas feinere) Popup-Küche einrichten