Neues aus der Halle

Es geht um mehr als die Wurst!

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Ein Plausch auf dem Markt mit Yannic Kontauts, Auszubildender bei Kumpel & Keule

Nachmittag in der Markthalle Neun. Schichtbeginn für Yannic Kontauts. Metzgerlehrlinge können also auch mal ausschlafen. Heute ist Street Food Thursday, die heiße Theke glüht bis 22 Uhr. Auf dem Schneidebrett vor ihm zerlegt Yannic fachkundig ein Stück Wildfleisch. “Das ist Brandenburger Reh. Da müssen eigentlich nur ein paar Sehnen raus, dann kommt’s auf den Spieß.” 

Yannic Kontauts ist 22 Jahre alt, kommt aus Brandenburg an der Havel. Die Metzgerei Kumpel & Keule und Gründer Jörg Förstera haben ihn im August 2023 nach Berlin gebracht. Dass sein zukünftiger Beruf ein handwerklicher werden sollte, stand für Yannic fest. Doch in seiner ersten Ausbildung zum Industriemechaniker fehlte ihm der Bezug zu Lebensmitteln. Dann der Geistesblitz: Metzger werden. Was nun fehlte, war der passende Betrieb. Doch die Suche, so sagt Yannic, gestaltete sich schwierig. “Es ist nicht einfach, einen richtig guten Handwerksbetrieb zu finden. Viele machen dicht oder arbeiten mit eingestaubten Konzepten. Das einer gläsernen Metzgerei mitten in der Markthalle, das fand ich total geil. Kumpel & Keule war direkt mein Wunschbetrieb. Ich koche super gerne und esse super gerne. Das ist meine Leidenschaft. Das war ein super Match hier.”

Erste kulinarische Arbeitserfahrungen hat Yannic in der Gastronomie gesammelt, dennoch war die Ausbildung zum Koch keine Option. “Ich habe mir schon auch planbarere Arbeitszeiten als in der Gastronomie gewünscht. Trotzdem wollte ich nah am Produkt sein.” Sein Plan ist aufgegangen. Bei Kumpel & Keule werden Auszubildende schnell in Eigenständigkeit gebracht. Produkt- und Rezeptentwicklung spielen ab Tag Eins eine große Rolle. “Da lässt uns Jörg viel Freiraum, selbstständiges Arbeiten ist immer das Ziel.” 

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Die alltägliche Arbeit ist strukturiert, lässt trotzdem genügend Freiräume. “Wir sind drei Auszubildende, im August kommen nochmal zwei dazu. Wir haben einen regelmäßigen Wechsel zwischen Früh- und Spätschicht, ein gutes Gleichgewicht aus Produktion und Verkauf. Du musst das Thekengeschäft kennen, um zu wissen, was du herstellst. Einer von uns ist immer mit Jörg in der Produktion.” Die Entwicklung von handwerklichen, betriebswirtschaftlichen und organisatorischen Fähigkeiten findet in allen Bereichen des Unternehmens statt. Ziel ist es, eine eigene Fleischerei führen zu können.

Doch die Ausbildung findet nicht nur in den eigenen vier Metzgereiwänden statt. Geplant sind Besuche auf Höfen und in anderen Produktionen. “Ein anderer Azubi, der ist bei einer anderen handwerklichen Fleischerei - Erchinger. Mit dem haben wir überlegt, einen kleinen Austausch zu machen. Die haben Lust sich anzugucken, wie wir arbeiten und umgekehrt natürlich auch. Davon ist Jörg auch immer ein großer Fan.” 

Der schulische Teil gehört ebenfalls zur Ausbildung. Yannic lernt in einer kleinen Klasse. Der Normalfall ist das nicht. Von anfänglich dreißig sind noch zehn Auszubildende geblieben: “Die meisten haben abgebrochen. Die noch Deutsch lernen, haben ihre eigene Klasse bekommen. Nur zwei von zehn Verbliebenen sind in industriellen Großbetrieben beschäftigt, die anderen lernen in handwerklichen Betrieben. Glücklicherweise ist der Klassenlehrer flexibel genug, bedarfsorientiert zu unterrichten.” 

Dass im Handwerk neben Händen, die anpacken können, auch Köpfchen gefragt ist, zeigen Yannics Zukunftsambitionen: “Auf jeden Fall einen Meister machen oder berufsbegleitend weiter in die Lebensmitteltechnik gehen.” Und auch wenn Zahlen nicht sein Steckenpferd sind, wie er sagt, kann er sich selbst für Algebra begeistern, wenn sie mit Lebensmitteln zu tun hat. 

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Wie gestalten sich Handwerksberufe zukunftsweisend? Man hört von aussterbenden Betrieben und Berufen, die Zukunft ist unklar. Wie denkt Yannic darüber? “Das Handwerk hat einen goldenen Boden.” sagt er. “Metzgersterben ist schon ein Ding. Bei uns im Ort, da ist noch ein richtiger Metzger. Alle anderen werden beliefert, das sind reine Verkaufsläden. Aber wenn du wirklich gute Sachen machst, ein gutes Konzept hast und dann vielleicht noch ein Händchen für Außenwirkung - so wie Jörg, dann braucht man sich da keine Sorgen machen.” Zeitloses Handwerk bietet stabile und oft krisensichere Beschäftigungsmöglichkeiten. Die Nachfrage nach handwerklich hergestellten Lebensmitteln ist konstant. “Man merkt ja auch wie’s angenommen wird. Kumpel & Keule ist eine Institution in Berlin - und darüber hinaus. Leute aus Brandenburg, die extra hierherkommen zum Einkauf. Unser neuer Kollege Martin ist gerade aus Bayern hierher gezogen, weil er genau hier und nirgendwo anders arbeiten wollte.”

Yannic und Martin zeigen: die Motivation und Leidenschaft zur Arbeit im Lebensmittelhandwerk sind groß. Die Chancen, die im Erhalt und der gleichzeitigen Weiterentwicklung handwerklicher Berufe liegen, sind enorm. Wenn Betriebe wie Kumpel & Keule weiterhin innovative Konzepte umsetzen, junge Menschen wie Yannic ausbilden und erfahrene Spezialisten wie Martin anziehen, wirken sie dem Fachkräftemangel aktiv entgegen und machen Handwerk great again. 

Gelingt es, ein zukunftsorientiertes und wertschätzendes Arbeitsumfeld zu kreieren, Ausbildungspläne zu modernisieren und Arbeitsbedingungen zu verbessern, müssen wir uns um Fachkräftemangel nicht sorgen. Hier geht es eben um mehr als nur die Wurst.

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