Prinzessin der Erbsen

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Hülsenfrüchte sind die Zukunft! Sagt Elisabeth Berlinghof von den Food Kompanions. Wir haben uns mit ihr unterhalten – über das Image der Ackerbohne, Darmgesundheit und Linseneintopf.

Während ihres Studiums in Italien an der Universität der Gastronomischen Wissenschaften wurde Elisabeth auf die kulturelle und kulinarische Vielfalt von Bohnen aufmerksam und entdeckte ihre Leidenschaft dafür – seitdem setzt sie sich für mehr Hülsenfrüchte auf unseren Ackern und Tellern ein. 

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Warum sind für Dich Hülsenfrüchte die Zukunft?
Weil sie für so viele Bereiche in unserem Lebensmittelsystem Vorteile bieten: Sie sind eben nicht eine weitere Avocado, die vegan und für uns sehr gesund sind, aber ökologische eine Katastrophe. Hülsenfrüchte sind Lebensmittel, die auf so vielen Ebenen nachhaltig und gut sind: für die Umwelt, Gesundheit, globale Gerechtigkeit und kulturelle Vielfalt. Sie haben einen geringen ökologischen Fußabdruck, erhöhen die Kohlenstoffspeicherung im Boden, ihre Blüten sind Nahrung für Bienen und Hummeln, sie bringen ihren eigenen Stickstoff-Dünger mit und wirken so dem Klimawandel entgegen. 

Wenn Hülsenfrüchte so viele Vorteile bieten, warum essen wir dann nicht mehr davon?
Hülsenfrüchte haben ein unglaublich schlechtes Image – eigentlich in ganz Europa. Der Historiker Ken Albala hat der weltweiten Geschichte der Bohnen ein ganzes Buch gewidmet (Empfehlung: Beans – A History). Die Idee zu seinem Buch kam ihm, als er bemerkt hat, dass es in der gesamten europäischen Literatur Vorurteile gegenüber Hülsenfrüchten gibt: Dass sie unfruchtbar machen, Unglück bringen oder gar tödlich sind. In manchen Regionen wurde daher früher davon abgeraten durch Erbsenfelder zu laufen! Das ist natürlich Unsinn, aber erklärt, wie tief verankert das schlechte Image der Hülsenfrüchte ist und woher es kommt und zwar nicht erst aus der Kriegszeit. 

Warum gibt es nicht mehr regionale Hülsenfrüchte auf unseren Tellern, zum Beispiel in der Gastronomie?
Die Kultur ist in einer Stadt wie Berlin total da, wir essen (wenn vielleicht auch unbewusst) ziemlich viele Hülsenfrüchte in unserem Alltag – wie zum Beispiel durch Hummus oder Falafel. Nur kommen die zu 99% nicht aus Deutschland. Was oft fehlt ist die Verbindung zwischen Gastronomie und Landwirtschaft: Ich habe hier zum Beispiel einen italienischen Koch kennengelernt, der Ackerbohnen (Dicke Bohnen) aus Italien importiert, weil er gar nicht wusste, dass die auch in Deutschland angebaut werden. Sobald es mehr Kommunikation und Nachfrage für regionale Hülsenfrüchte gibt, steigt sicherlich auch der Anbau. Und manche sind auch sehr teuer, wie zum Beispiel grüne Bohnen, da sie alle per Hand geerntet werden müssen.

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Gibt es in Deutschland Beispiele für Landwirt*innen,
die alte Sorten anbauen?
Das wohl berühmteste und erfolgreichste Beispiel ist die Alb-Leisa Linse, die von Woldemar Mammel in Baden-Württemberg angebaut wird. Eine wirklich abgefahrene Geschichte: Diese Linse galt als ausgestorben und wurde in der St.Petersburger Saatgutbank, dem Wawilow Institut, wiederentdeckt. Die Forscherin Sabine Gruber von der Uni Hohenheim hat sie dann gemeinsam mit Mammel angefangen wieder anzubauen und untersucht, wie man diese Linse wieder kommerziell anbauen kann, welche Stützfrüchte es dazu braucht etc. – da war in den Jahrzehnten davor viel Wissen verloren gegangen in dieser ehemals großen Linsenanbauregion. Inzwischen ist daraus eine ganze Öko-Erzeugergemeinschaft von 110 Betrieben entstanden. Sicherlich auch, weil Linsen in der Region kulturell und kulinarisch verankert sind, zum Beispiel durch das Gericht Linsen mit Spätzle!

Was können wir als Konsumenten und Konsumentinnen tun, um den Anbau von regionalen Hülsenfrüchten zu unterstützen?
Nachfragen! Auf dem Wochenmarkt und im Supermarkt: Warum kommen diese getrockneten Bohnen und Linsen aus Italien oder China und nicht aus Deutschland? Bohnen-Start Ups wie Bohnikat, Hülsenreich oder Ministry of Cultures unterstützen. Und Bohnen in den Alltag integrieren und frische Hülsenfrüchte auf dem Markt kaufen. In der Markthalle gab es letztes Jahr frische Brandenburger Borlotti, Edamame und Ackerbohnen! 

Wer mehr heimische Hülsenfrüchte kennenlernen und probieren möchte, kann am 10. Februar 2021, dem weltweiten Tag der Hülsenfrüchte, an dieser Online-Verkostung von Elisabeth und Cecilia Antoni teilnehmen!
Im Rahmen von Terra Madre Salone del Gusto werden verschiedene Köstlichkeiten aus heimischen Hülsenfrüchten verkostet.
Kleine Bohne – große Zukunft! Hier geht es zur Anmeldung. 

Fotos: Carla Ulrich